Letztens habe ich zum ersten Mal ein kompliziertes Kleidungsstück gewaschen. 30 Grad, kein Weichspüler, nicht schleudern – oh Mann, dachte ich, wie anspruchsvoll kann ein Stück Stoff denn sein. Das Waschen ging einigermaßen gut, das Pulloverchen nahm mir die Aktion zwar übel, erholte sich dann aber anschließend doch brav auf der Leine und verzieh mir schließlich.
Am selben Tag begegnete ich dann auch noch einer komplizierten Person. Und dachte so bei mir: Wie gut wäre es bitte, wenn auch Menschen eine Art Waschanleitung beigelegt hätten? Die das Schlimmste verhindern würde? Nicht zu heiß waschen, nicht in den Trockner, nicht bleichen oder färben. Damit der Mensch sich respektiert fühlt, es keine Missverständnisse gibt, er nicht vor meinen Augen eingeht.
Oder, noch besser – keine Anleitung, die das Schlimmste verhindert, sondern ein paar Hinweise, die Gutes bewirken. Die klar machen, unter welchen Bedingungen ein Mensch sich besonders gut und gesund entwickelt. So ein bisschen wie bei einer Zimmerpflanze, die man im Gartencenter kauft und in der so ein kleines Fähnchen mit Pflegehinweisen steckt: Bevorzugt Halbschatten und mäßig feuchte Erde. Einmal die Woche düngen.

Ich fände das enorm praktisch – aber eine kritische Stimme in meinem Umfeld war gar nicht so angetan von der Idee: „Wenn so offen liegen würde, wer man ist und wie man tickt, könnte man doch viel zu leicht manipuliert werden.“
Das stimmt natürlich auch wieder. Vielleicht ist es naiv, anzunehmen, dass eine solche Pflegeanleitung immer nur für gute Zwecke genutzt würde. Also sollten die persönlichen Pflegetipps vielleicht nicht serienmäßig jedem Menschen beiliegen. Man könnte sie aber freiwillig bereitstellen, indem man denen, die uns lieben, genauere Hinweise gibt, was man braucht und sich wünscht. Das hätte nämlich Vorteile.
Was würde auf meinem Fähnchen stehen, unter welchen Bedingungen blühe ich besonders schön? Wenn ich das über mich selbst weiß, kann ich dafür sorgen, dass die Menschen, die mich lieben, es mir geben können. Das macht alle Beteiligten glücklich. Ein bisschen erinnert mich das an die Sprachen der Liebe des US-amerikanischen Paar- und Beziehungsberaters Gary Chapman. Seine Theorie, falls Ihr sie noch nicht kennt: Es gibt fünf Sprachen der Liebe – und wenn wir unsere persönliche Sprache kennen, können wir sie anderen mitteilen und unsere Bedürfnisse direkt erfüllt bekommen, statt frustriert das Gefühl zu haben, nicht umfassend geliebt zu werden.
Ein bisschen also wie das Pflänzchen, das auf dem mitgelieferten Fähnchen einfach sagt, was es braucht, statt zu hoffen, dass die Anderen es schon erraten werden. Ich frage mich, warum wir uns so schwer tun damit, unsere Bedürfnisse klar zu kommunizieren?






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