Buchschreiben: Schreiben in Bjoerns Klamotten

Der große Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki sagte einst, er würde Literatur stets in Anzug und Krawatte am Schreibtisch genießen. Mal eben in der Jogginghose auf der Couch fläzend einen großen Roman lesen kam für ihn nicht in Frage. Ich nehme an, ähnlich formell saß Ranicki auch vor der Schreibmaschine, wenn er selbst einen Text verfasste. Nun, das kann ich von mir nicht gerade behaupten.

Ich habe mein Schreiben ja schon immer ernst genommen, deshalb kann ich gut verstehen, was Ranicki mit seinen formellen Lesestunden bewirken wollte. Natürlich würde es auch mir gefallen, in Bluse und Blazer am Schreibtisch zu sitzen, allein schon, weil es mir selbst ein erhabenes, professionelles Gefühl geben würde. Aber die Wahrheit ist:

 

Schreiben ist Arbeit, Schreiben ist Sport.

 

Gerade, wenn es auf eine enge Deadline hin geht. Die Kreativität muss frei zirkulieren, fliegen und fließen können. Ich turne beim Schreiben immer halb auf meinem Stuhl herum, verknote meine Beine, lege die Füße hoch, balanciere im Lotus-Sitz … Knopfleisten, scheuernde Nähte und Schulterpolster würden da nur ablenken und die Aufmerksamkeit des Autors weg vom Werk und hin auf den Autor lenken. ;) Und das würde vielleicht auch der Leser merken.

IMG_20140614_112734(1)Wenn ich früher krank war oder einfach nur so ein bisschen Trost brauchte, zog ich einen Pullover meiner Mutter an. Ich weiß nicht, warum, aber ihre Klamotten rochen so gut nach ihr und das beruhigte mich irgendwie. In letzter Zeit ertappe ich mich häufig dabei, wie ich beim Schreiben einen von Björns gemütlichen Sweatern anziehe. Sie sind größer als meine eigenen Sachen und sitzen deshalb lockerer, außerdem riechen sie gut nach ihm und ich fühle mich unterstützt und geborgen bei dem, was ich tue. Zu meinem Glück besitzt Björn fast ausschließlich Kapuzenpullis, dick gefütterte Sportjacken und sonstige bequeme Klamotten, so dass gar nicht auffällt, wenn ich mir ab und zu ein Teil zum Schreiben stibitze. Aber ihm fällt sowas ohnehin eher spät auf. Manchmal sitzen wir abends schon eine Stunde nebeneinander auf der Couch, bevor er michf fragt: „Warum hast du eigentlich meinen Pullover an?“ Männer!

Aber Reich-Ranicki hatte schon recht mit dem, was er da sagte. Feste Rituale sind wichtig, um in einen bestimmten Modus zu kommen. Freiberufler, die von daheim aus arbeiten, kennen die Bedeutung dieser Rituale. Wer zum Arbeiten das Haus verlässt, ist spätestens ab dem Moment, in dem er an seiner Arbeitsstelle ankommt, ganz Berufstätiger. Das Privatleben, der Stress mit Partner oder Familie, die nicht erledigte Hausarbeit und das klingelnde Festnetztelefon sind da ganz weit weg. Beim Home-Office fällt dieser Übergang aus, weshalb man sich selbst vom Privat- in den Arbeitsmodus bringen muss. Für mich gehört dazu eine lange heiße Dusche und viel schwarzer Kaffee. Direkt aus dem Bett ans Buch, sowas gibt es bei mir trotz aller Bequemlichkeit dann doch nicht.

Was tragt Ihr denn so beim Schreiben? Oder beim Lesen? :)

6 Kommentare

    1. Hm, das könnte darauf hinweisen, dass das Schreiben für dich immer noch etwas sehr Privates und Intimes ist. Bei mir hat sich das im Lauf der Jahre gewandelt. Ich weiß nicht, ob du beruflich schreibst, aber seit ich als Journalistin arbeite, trenne ich die beiden Bereiche meines Lebens ganz gerne.

      1. Nein, ich bin Lehrerin. Und schreiben kann ich nur noch nebenher. Würde ich „richtig“ schreiben, würde ich ein Büro außerhalb der Wohnung wollen, einfach um das Gefühl zu haben, arbeiten zu gehen. Das wäre dann Reich-Ranickis Anzug.

      2. Exakt. :) Ich habe auch schon häufig überlegt, ob ich mir ein Büro außerhalb anmieten soll. Aber die Kosten stehen dann leider doch in keinerlei Verhältnis zum Nutzen. Immerhin habe ich jetzt in unserer neuen Wohnung ein Büro nur für diese Zwecke, das hilft auch schon viel. Aber das Lehrerin nimmst du sicher auch viel Arbeit mit nach Hause…

  1. Ich trage beim Schreiben die Klamotten, die ich eben trage. Allerdings, nun da ich gerade darüber nachdenke, vor dem morgendlichen bzw. nach dem abendlichen Gang ins Bad schreibe ich so gut wie nie. Auch eine Tasse Tee gehört immer zum schreiben dazu. Meine Katze Sina ist ein gerne gesehener, aber je nach Katzen-Laune eben nicht immer verfügbarer weiterer Aspekt. Schreiben, während neben der Tastatur eine Katze döst ist was echt schönes ;)

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