Lyrik: Regenvögel

Es tut mir weh,
dass du mir nicht mehr
weh tust.

Dass du mich
nicht mehr
aufregst und
anknipst und
angehst.

Dass du nur noch
lieb bist und
lau bist.
Ein Freund. Nicht
mehr.

Mir fiel es nie schwer, dich
zu lesen. Und dir nicht,
in meinem Kopf die Stellen zu
finden, an denen du meine
Gelassenheit aushebeln konntest.

Früher war alles so
kompliziert. Ich
mochte das, trotz
allem. Mit dir
zu spielen war
die Olive in meinem
Martini.

Und wenn wir uns
taxierten, waren wir
zwei Tänzer,

nein, zwei Tiere, die auf
jeden Schritt und jeden
Atemzug des Andern
lauerten.

Und manchmal fand auch ich
den Hebel in deinem Kopf.

Dein Ärger war meine
Welle und ich die Surferin, die
sie nimmt – nie wissend, ob sie
nicht im nächsten Augenblick
niedergeschmettert wird von
der Kraft des Wassers und

sich die Handteller und Knie
am steinigen Meeresboden
aufreißt.

Das mit uns war
Physik. Eine Naturgewalt.

Wir waren
schlecht füreinander und
haben jede Sekunde
davon genossen.

Doch jetzt ist da kein
Hebel mehr.
Ich suche dich in
mir. Vergeblich.

Die Regenvögel zwitschern in den
blauen Bäumen des Abends. Ich
spanne meinen Schirm nicht auf,
sondern laufe im Regen
und denke, hier bin ich. Zum ersten Mal
seit langem: Allein.

Nun, da du für mich da bist, bist
du nicht mehr hier.

Nun, da wir uns mögen, bist
du fort.

(Anne Zegelman)

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