Aus dem Archiv: Streng geheim (2015)

Als ich 2002 nach dem Abi von der Schule abging, wusste ich nicht so richtig, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Irgendwas mit Schreiben, das wusste ich – aber ich hatte keine Ahnung, wie ich einen Fuß in die Tür kriegen könnte. Ganz ähnlich geht es auch den Jugendlichen, die jetzt vor dieser schwierigen Entscheidung stehen. Ein paar von ihnen habe ich vor kurzem bei einem Besuch in einer Druckerei begleitet, mit dabei war auch unser damaliger Praktikant Leon. Der Artikel ist am 16. Februar in der Frankfurter Neuen Presse erschienen.

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Möglichkeiten am laufenden Band

Jugendliche auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle besuchen die Druckerei Alt in Niederdorfelden

Der Schulabschluss steht bevor, und viele Jugendliche machen sich schon jetzt Gedanken, wie es danach für sie weitergehen soll. Die Agentur für Arbeit Hanau lädt Haupt- und Realschüler in die Druckerei Alt nach Niederdorfelden ein, um ihnen verschiedene Berufsmöglichkeiten der Druckbranche vorzustellen. Schnell wird klar: Wer dort arbeiten möchte, muss sich anstrengen.

Von Anne Zegelman
und Leon Falk Schneider

Niederdorfelden. Die Druckmaschinen rattern laut und stetig, der Lärm erfüllt die große Halle. An den Wänden hängen Spender mit Silikonpropfen, doch die meisten Mitarbeiter sind ohne den freiwilligen Gehörschutz unterwegs. Sie laufen flink zwischen den großen Gerätschaften umher, drehen hier an einem Rädchen und justieren dort nach. Denn wenn es ums Drucken geht, kommt es auf feinste Farbnuancen an. Die Jugendlichen, die zwischendrin stehen, sind ganz offensichtlich beeindruckt davon, dass jeder Handgriff sitzt.

Einen Vormittag lang dürfen die Haupt- und Realschüler in der Druckerei Alt in Niederdorfelden hinter die Kulissen schauen. „Mit so großen Maschinen umzugehen, das ist schon krass“, findet ein junger Mann und betrachtet das ratternde Gerät ehrfurchtsvoll.

Keine Lust auf Schule

Eingeladen dazu hat die Agentur für Arbeit Hanau, die den Jugendlichen Berufe vorstellen möchte, die sie vielleicht noch nicht kennen, die aber trotzdem für eine Ausbildung interessant sein können. In der Druckerei, die aktuell 55 Mitarbeiter beschäftigt, werden junge Leute als Mediengestalter, medientechnische Drucker oder Verpackungsmittelmechaniker ausgebildet. „Gerade im Bereich Verpackung und Druck gibt es spannende Berufe, deren Bekanntheit als Ausbildungsmöglichkeiten wir mit solchen Aktionen gern fördern möchten“, sagt Kerstin Gall.

An diesem Tag sind elf Haupt- und Realschüler, aber auch Arbeitssuchende nach Niederdorfelden gekommen, um die Druckerei Alt kennenzulernen. Betriebsleiter Johannes Meckel führt die Gruppe herum und beantwortet geduldig die Fragen der Jugendlichen. Auch die nach dem Gehalt. „Im ersten Lehrjahr verdient man bei uns 700 Euro, im dritten 1000 Euro“, erklärt Meckel, der selbst seit 33 Jahren im Unternehmen arbeitet. Da machen die jungen Besucher große Ohren: „Hätten Sie das doch gleich gesagt, dann hätten wir Ihnen am Anfang besser zugehört“, sagt einer und lacht. Meckel lässt sich dadurch nicht beeindrucken. „Die bekommt man aber auch nicht geschenkt!“

Denn auch wenn die Druckerei jedes Jahr Azubis einstellt und die Chancen, übernommen zu werden, gut sind die Ausbilder haben durchaus Ansprüche an ihre Bewerber. „Im vergangenen Jahr haben wir zum ersten Mal keinen Auszubildenden eingestellt, weil die Bewerber inakzeptabel waren“, verkündet Meckel.

Spätestens jetzt ist den Jugendlichen klar, dass sie sich anstrengen müssten, sollten sie sich in der Druckerei Alt bewerben wollen. „Ein Notendurchschnitt von mindestens drei wäre gut, außerdem sollte man den Dreisatz, Prozent- und Bruchrechnung beherrschen“, zählt Meckel die Anforderungen an künftige Auszubildende auf.

„Und Deutschkenntnisse sind ebenfalls wichtig. Außerdem muss man Farben erkennen können, das ist ja klar wer farbenblind ist, wird nicht als Drucker arbeiten können, denn er muss ja auch Farben mischen können“, so Meckel.

In der Druckerei arbeiten auch die Azubis mit im Schichtbetrieb, wenn auch nicht in Nachtschicht. „Die Druckmaschinen kosten zwei Millionen in der Anschaffung, deshalb müssen sie rund um die Uhr laufen“, erklärt der Betriebsleiter.

Währned im einen Teil der Halle gedruckt wird, geht es eine Tür weiter ums stanzen, falten und heften. Handyfotos dürfen hier nicht gemacht werden, warnt Meckel die jungen Besucher. Denn was hier liegt, ist noch streng geheim, weil noch nicht auf dem Markt.

Spätestens, als es schließlich in die große Halle geht, ist Daniel (17) beeindruckt. „Es ist schon spannend, sich vorzustellen, dass man hier arbeiten könnte“, findet er. Auch die Aussicht auf ein doch recht hohes Ausbildungsgehalt reizt den jungen Mann aus Windecken: „Das ist ja fast doppelt so viel wie in anderen Berufen. Und Übernahmechancen gibt es auch.“

Zugegeben, sein Traumberuf sei ursprünglich ein anderer gewesen. „Eigentlich würde ich gerne Konditor werden“, sagt Daniel. „Aber da müsste ich ja noch früher aufstehen!“ In der Druckerei Alt beginnt die Frühschicht immerhin „erst“ um 6 Uhr.

Nie bereut

Dem 16-jährigen Mario gefällt die geschäftige Arbeitsatmosphäre. „Ursprünglich wollte ich Fachinformatiker werden“, erzählt er. Was ihn davon abhält? „Dann müsste ich noch länger zur Schule gehen, darauf habe ich überhaupt keine Lust.“ Beide wollen eine Bewerbung nach Niederdorfelden schicken, denn: „Probieren kann man es ja mal.“

Christian Sinsel und Stephan Altstadt bereuen es jedenfalls nicht, sich für den Beruf des Druckers entschieden zu haben. „Das ist ein vielfältiger und interessanter Beruf“, erklärt Sinsel, während er gemeinsam mit seinem Kollegen eine Druckvorlage auf einer speziellen Maschine genau unter die Lupe nimmt. „Dauernd gibt es eine andere Vorlage, verschiedene Druckstoffe das ist abwechslungsreich.“

Hier geht’s zum Original-Artikel auf www.fnp.de.

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