#health: Einmal durch die Nase (Archiv)

Eigentlich bin ich keine Angsthäsin. Ich gehe für die Zeitung tauchen, lasse mich unter Strom setzen und verzichte ja sogar wochenlang auf mein Handy. Doch es gibt Dinge im Leben, vor denen ich, sagen wir mal, Respekt habe. Eines dieser Dinge ist Björns Nasendusche. Er hat sie vor einiger Zeit von einem Krankenkassenvertreter geschenkt bekommen und ist seitdem ein großer Fan der kleinen grünen Plastikkanne mit dem langen Schniepel. Mit ihr lässt er sich – freiwillig! – Wasser in die Nase laufen und schwört darauf, dass sein Dauerschnupfen seitdem wesentlich besser ist.

Für mich eine barbarische Vorstellung.

Denn Wasser in der Nase, wer erinnert sich nicht an die vielen Schwimmbad-Erlebnisse in der Kindheit, ist meistens eine sehr stechende, fiese Angelegenheit. „Aber das ist doch was ganz anderes“, beharrt Björn. „Das Wasser aus der Kanne wird doch mit Salz versetzt, deshalb sticht und brennt es nicht an den Schleimhäuten.“ Schon häufiger durfte ich Zeugin werden, wie Björn sich den Knubbel mit der Öffnung an ein Nasenloch setzte, den Kopf schräg über das Waschbecken hielt und seelenruhig blieb, während ihm das Wasser auf der anderen Seite wieder heraus lief. Eindrucksvoll, das schon. Aber es reizte mich nicht, das auszuprobieren.

Irgendwie ist es ja auch eine eklige Angelegenheit.

Schließlich spült das Wasser alles mögliche heraus, was nicht ans Tageslicht gehört. „Die Akzeptanz von Nasenduschen bei Patienten ist sehr unterschiedlich“, heißt es in einem Spiegel-Artikel von Januar 2013. Der Autor stellt fest: „Nicht wenige finden sie abstoßend. Andere werden regelrecht süchtig danach.“ Das dürfte sich bis heute nicht geändert haben. Im Gegenteil: Achtsamkeit, das Zurückbesinnen auf die Reinigungskräfte von Naturmitteln und so weiter sind ja gerade so angesagt wie schon lange nicht mehr.

Als wir vorhin auf der Couch kuschelten, kamen wir irgendwie (weiß der Himmel, wie) auf das Thema Nasendusche. Und er zog mich damit auf, dass ich zu feige wäre, sie mal selbst auszuprobieren. Das ärgerte mich ein bißchen, schließlich bin ich durchaus für Neues zu haben. Ich folgte ihm also ins Bad und sah zu, wie er mit einem mitgelieferten kleinen Löffelchen ein Häuflein Salz ins warme Wasser rieseln ließ, das Ganze zum Auflösen schwenkte und anschließend völlig routiniert das Wasser durch seinen Schädel laufen ließ. „Probier es“, riet er mir schniefend, „das ist gar nicht schlimm.“

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich noch nicht entschieden, tatsächlich mitzumachen. Doch Herausforderungen sind schließlich dafür da, gemeistert zu werden! Ich beugte mich also über das Waschbecken und hatte plötzlich ziemlich viel Angst vor der kleinen Kanne und dem Wasser in der Nase. „Atme ganz ruhig durch den Mund, es kann nichts passieren“, sagte Björn, während ich den Plastikknubbel an mein rechtes Nasenloch presste und mir die warme Salzbrühe zögerlich in die Nase goss. Ich spürte das Wasser kaum, es kribbelte nur ein bißchen hinter der Stirn und lief dann auf der anderen Seite wieder heraus.

Ein interessantes Gefühl, ungewohnt, ein bißchen verstörend.

Ich schniefte und wusste einen Moment lang nicht, ob ich das gut oder schlecht finden sollte. Dann prustete und schnäuzte ich und trocknete mir das Gesicht ab. Und bin jetzt, eine Viertelstunde später, unverhältnismäßig stolz darauf, dass ich die Prozedur überstanden und die Erfahrung gemacht habe, statt ihr aus dem Weg zu gehen. Außerdem zeigt sich der Effekt sofort. Meine Nase, normalerweise dauerverschnupft, ist frei und die Nebenhöhlen weit und fühlbar gereinigt.

Nasenduschen klingt zwar arg nach Kurbetrieb, Stützstrumpf und Ohrenkerzen.

Aber ich glaube, ich kann mich daran gewöhnen. Immerhin bin ich jetzt Anfang 30, da darf ich solche Dinge ruhig gut finden. ;) Ob ich so süchtig danach werde, wie der Spiegel-Artikel es voraussieht, weiß ich jetzt noch nicht. Wenn ich morgen wieder zur Kanne greife, weiß ich Bescheid.

Nasenduschen gibt es in verschiedenen Ausführungen ab ca. 15 Euro, eine ähnliche wie unsere kann man hier bestellen.

* Aus dem Archiv, erstmals 2013 gepostet.

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