#reisen post-lockdown: 5 Gründe, mich über mich selbst zu wundern

Kühle, Stille und Abgeschiedenheit – genau das, was ich mir gewünscht habe.

Anfang Juli war ich nach Monaten des Lockdowns und des Daheim-Sitzens zum ersten Mal wieder unterwegs. Ich bin mit einem guten Freund nach Berchtesgaden gefahren und habe dort ein wundervolles Wochenende verbracht. Kaum waren wir wieder zurück, war der Alltag wieder übervoll, weshalb ich bisher noch nichts über meinen ersten Kurztripp seit fast einem Jahr geschrieben habe. Das wollte ich noch nachholen und Euch von der wunderschönen Landschaft, der absoluten Stille und den herzlichen Begegnungen dort erzählen. Doch nun haben sich die Ereignisse überschlagen; das Berchtesgadener Land ist überschwemmt und mit ihm auch viele Ecken, an denen ich vor kurzem noch selbst gewesen bin. Ich denke an das nette Restaurant in der Fußgängerzone mit den frisch renovierten Toiletten, ich denke an die nun zerstörte Bobbahn am Königssee und an die wunderschöne, nahezu unberührte Landschaft drumherum, von der vieles weggeschwemmt wurde. Ich hoffe, den lieben Menschen, die ich bei meinem kurzen Aufenthalt dort getroffen habe, geht es gut. Und es ist ein komisches Wissen, dass das, was mir in der Erinnerung noch so nah ist, sich nun so sehr verändert hat.

Aus Respekt vor dem, was den Menschen und der Region dort gerade abverlangt wird, werde ich nun nicht darüber schreiben, was man im Berchtesgadener Land alles sehen und machen könnte. Stattdessen möchte ich hier davon berichten, wie ich meinen ersten Kurzurlaub seit Öffnung des laaaangen zweiten Lockdowns erlebt habe. Und zwar anhand von fünf Erfahrungen, die mir zeigen, dass die letzten eineinhalb Jahre nicht spurlos an mir vorbei gegangen sind.

Man kann verlernen, zu packen

Als ich am Vortag packen wollte, bemerkte ich mit Schrecken, dass ich völlig aus der Übung bin. Das ist frustrierend, denn zuletzt, also bevor dieses ganze Corona-Chaos anfing, hatte ich das Packen perfektioniert. Dank verschiedener Rucksackreisen wusste ich genau, was ich brauche und was unnötig ist. Spätestens, nachdem Anne und ich 2019 zwei Wochen nur mit Handgepäck durch Kroatien (und Bosnien) gereist sind, hatte ich keine Angst mehr vor „zu wenig“, sondern nur noch vor „zu viel“. Die ist leider verflogen, so dass ich für die drei Nächte in Berchtesgaden doch wieder zu viel eingepackt habe. Gut, ich hatte alles mal an. Aber ich wäre auch mit weniger Kleidung gut ausgekommen.

Die Festplatte kann auch leer laufen

Nach einem Jahr ohne Reisen ist meine Speicherplatte leer. Wir waren zwar nicht untätig, wir sind ja im Februar umgezogen und ich habe einen neuen Job angefangen, aber trotzdem fehlen mir diese Eindrücke von der Welt. Sehen, wie es woanders ist, ermöglicht ja erst, sich selbst ins Verhältnis dazu zu setzen. Und das Eigene besser verstehen und einordnen zu können. Wie sehr ich das vermisst habe, wurde mir klar, als ich schon auf dem Weg jede Einzelheit aufgesogen habe. Jede Veränderung der Landschaft, jede Interaktion mit anderen Menschen, jede neue Aussicht, jeden Duft und ungewohnten Geschmack, jede Pfütze auf dem Boden und jede merkwürdige Lichtspiegelung darin. Dass meine Festplatte auch leer laufen kann ist eine völlig neue Erfahrung für mich, meistens ist es nämlich genau andersrum. Wie zum Beispiel nach meinem Kroatien-Roadtrip, als ich wenige Tage später schon wieder nach Rom geflogen bin und einfach gar nichts mehr an neuen Eindrücken aufnehmen konnte.

Neue Eindrücke müssen verarbeitet werden

Zugleich aber war ich wie ein Baby: Dadurch, dass ich offenbar aus der Übung bin, neue Bilder zu verarbeiten, wurde ich schnell müde, wollte früh ins Bett und träumte nachts auch lebhaft. Und jetzt war ich nur in Bayern, ich will mir gar nicht vorstellen, wie das in einem komplett anderen Kulturkreis wäre … Ich habe auf dieser kurzen Reise gemerkt, dass ich meinen Horizont langsam wieder weiten möchte und nicht zu viel von mir verlangen will am Anfang. Kann. Darf. Wie auch immer.

Die Post-Lockdown-Anne liebt die Berge

Keine Ahnung, ob es an den Bergen lag, am ersten Mal Wegsein vom neuen Job oder den Lockdown-Erfahrungen – aber ich konnte grandios entspannen. Wenn ich morgens meine Yogamatte auf dem Balkon vor der unglaublichen Aussicht ausrollte, meine Übungen machte und anschließend meditierte, dachte ich kein einziges Mal an die Arbeit. Vor mir die Berge, um mich die kalte klare Luft und die saftig grünen Wiesen – da wusste ich schon, dass es ein guter Tag werden würde. Für mich ist es eine lustige Erfahrung, dass ich mich regelrecht in die Berge verliebt habe. Denn eigentlich bin ich ein absoluter Meer-Mensch, Gipfel haben mich früher überhaupt nicht begeistert. Doch die Frische der Natur, die Ruhe und vor allem das Gefühl, so weit weg zu sein von allem, was mich im Alltag ärgert und stresst, hat sich genauso angefühlt, wie auf einer einsamen Insel zu sitzen. Einfach nur schön, einfach nur friedlich. Und das ist es doch, was man im Urlaub sucht, oder? Meer oder Berge – ich glaube, man muss sich nicht für eins entscheiden.

Ich kann abschalten – und zwar königlich

Entsprechend aufgetankt kam ich nach nur vier Tagen zurück nach Hause. Ich gebe zu, ich wäre gerne noch länger geblieben. Aber die Erfahrung, dass ich mich überhaupt gut erholen kann und nicht gestresst von einem Programmpunkt zum nächsten hetzen musste, war himmlisch.

Gerne möchte ich von Euch wissen: Seid auch Ihr schon verreist, seit es wieder möglich ist? Seid Ihr wie ich in der Nähe geblieben – oder bei der ersten Gelegenheit ins Flugzeug gestiegen? Und habt Ihr bei dieser ersten Reise post-Lockdown etwas über Euch gelernt?

5 Kommentare

  1. See und Berge, im Wechsel…das war einmal. Nun bin ich hier „seßhaft“ geworden, in Kassel. Zu Fuß erwandere ich – mit 82 – meine Umgebung und freue mich, daß ich das noch kann, übe mich in Selbständigkeit, auch hier im Internet, – eine für mich neue Tätigkeit. Meine“ Familie“ wohnt vor allem in London, also weit weg. Und die Grenzübergänge – vor allem für Ungeimpfte – sind praktisch außerhalb der Vorstellungen und Wünsche. Doch ich freue mich mit über schöne Reisen und wunderschöne Bilder.

    1. Ich finde, das klingt doch recht gut! Vor allem das Unterwegssein und Genießen der Umgebung rund ums eigene Zuhause ist etwas, das die Pandemie uns neu gelehrt hat. „Mikro-Abenteuer“ nennt man das neuerdings, habe ich kürzlich im Radio gehört. 😄 Klar, dass es dafür schon wieder ein Wort gibt.

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