
Heute ist der 14. April, der Dienstag nach Ostern – und das bedeutet, heute Abend wäre unsere Handkäs-Lesung im Alten Rathaus in Kelkheim gewesen. Wenn, ja wenn nicht Corona alles über den Haufen geworfen hätte. Es ist eine komische Vorstellung, dass ich heute hier sitze, in der Jogginghose und Björns Kapuzenpullover, und den Tag ganz entspannt verbringe, während doch eigentlich vor Aufregung kleine Blitze aus meinen Haarwurzeln schießen sollten so wie sonst immer vor Auftritten.
Eigentlich gibt es zur ausgefallenen Lesung gar nicht viel zu sagen. Wir hatten uns jede Menge Gedanken gemacht, hatten fleißig geschrieben und komponiert und auch schon einen Ablaufplan ausgetüftelt. Dann kam die Absage. C’est la vie, die Zeiten sind halt nun mal, wie sie sind. Trotzdem möchte ich den Tag nicht einfach so verstreichen lassen, ohne daran zu denken, dass wir heute aufgetreten wären. Für Micha und mich sind diese Auftritte nämlich etwas sehr besonderes, auch wenn wir mittlerweile schon so einige hatten. Zu meinen liebsten Auftrittserinnerungen gehört die allerallererste Lesung, die wir gemeinsam gehalten haben, nämlich die Premiere von „Frankfurt liebt dich!“ 2014 in der Alten Fabrik in Frankfurt-Sachsenhausen. Und natürlich die Premiere von „glueckskind“ in der Alten Kirche in Kelkheim 2018. Dann war da natürlich noch die tolle Lesung in Berlin… Und diese fantastische Lesung in Niederbrechen, bei der ich so viele Bücher verkauft habe wie sonst nur bei einer großen Premiere – und die Leute danach nochmal einen literarischen Abend abgehalten haben, um über „glueckskind“ zu sprechen (tausend Herzchen-Emojis, Ihr in Niederbrechen seid spitze!). Oder die Lesung in Gravenbruch, als so viele Zuhörer kamen, dass noch extra Stühle geholt werden mussten. Und, und, und … Wenn ich an all das denke, bin ich echt traurig, dass heute Abend nicht noch eine weitere Erinnerung dazukommt.
Aber ich möchte auch an die vielen anderen Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, Theaterstücke und kulturellen Veranstaltungen erinnern, die wegen Corona nicht stattfinden können. Hinter all diesen ausgefallenen Terminen stehen Kleinkünstler wie Micha und ich, die bereits viele Stunden in die Vorbereitung gesteckt haben und die nun enttäuscht daheim bleiben müssen.
Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich diesmal unveröffentlichte Texte gelesen hätte – und keine Bücher hätte verkaufen müssen. Mein Mitgefühl gilt meinen Kleinautoren-Kollegen, die Lesungen dringend benötigen, um für ihr Buch zu werben, und die die Corona-Krise eins zu eins an ihren Verkaufszahlen spüren werden. Deshalb eine kleine Bitte: Wenn Euch langweilig ist und Ihr was Schönes zum Lesen sucht, denkt daran, dass es sicher auch bei Euch im Ort regionale Autoren gibt. Bestellt ihre Bücher, am allerbesten telefonisch oder per Internet im Buchladen um die Ecke. So macht Ihr mit ein paar Euro mindestens zwei Menschen glücklich und lernt auch noch die kulturelle Szene eurer Stadt kennen.